Kapitel des Lebensromans
Die Methode
Kapitel unseres Lebensromans schreiben
Die Teilnehmenden denken sich fünf bis sechs erklärende Kapitel aus Lebensereignissen nach dem Vorbild der Geschichte von Till Eulenspiegel aus:
Die 1. Historie sagt, wie Till Eulenspiegel geboren, dreimal an einem Tag getauft wurde und wer seine Taufpaten waren.
Die Teilnehmenden lesen ihre Überschriften vor, die anderen entscheiden, welche Kapitel sie am spannendsten finden. Die Person selbst kann dann noch mal zwischen der Auswahl entscheiden, zu welcher Überschrift sie einen kurzen Text verfasst.
Die Übung eignet sich für Gruppen, weil dabei verschiedene Emotionen, Erinnerungen und Lebenserfahrungen der Teilnehmenden zusammenkommen.
Sie kann zugleich als Vorstellungsrunde genutzt werden, weil sie Einblick in einzelne „Kapitel“ im Leben der Teilnehmenden gibt.
Die Zeit, die für die Überschriften und den Text jeweils zur Verfügung steht, kann die Gruppe gemeinsam bestimmen.
In einem Kreis Schreibwütiger stellten wir uns mit der Methode „Kapitel unseres Lebensromans schreiben“ gegenseitig vor (siehe oben). Bei mir votierte die Gruppe für die Überschriften „Wie ich mich auf meinem Pferd schlafen legte und darüber die Welt vergaß“ und „Warum meine Sätze kurz sind und wie ich mit Hemingway verwandt bin“. Ich entschied mit für die zweite Überschrift. Hier kommt das Ergebnis.
Warum meine Sätze kurz sind und wie ich mit Hemingway verwandt bin
„Immer nach vorn schreiben“, sagte der Chefredakteur, der Volontäre oft zum Weinen brachte. Ich lachte, aber er schrieb unerbittlich alles um, was nicht nach „vorn“ ging. Es dauerte, bis ich den Dreh raus hatte. Nach vorn schreiben heißt: Wissen, was passiert. Aufschreiben, was man weiß. Füllsel raus. Alle.
Das macht mich zur Schwester von Ernest Hemingway. Der mit den kurzen Sätzen und der Knarre. Am Ende. Zwischen Ernest und mich passt kein Blatt. Vielleicht ein Satz.
Hemingway war, ich bin Nachrichtenagentur-Journalistin. Hemingways Chefredakteur schrieb unerblittlich seine Texte um, bevor sie in Druck gingen. Es dauerte, bis er den Dreh raus hatte. Dann schrieb er nach vorn.
Hemingway ist für mich Ideal und Fluch zugleich. Ich streiche in meinen Texten alles Überflüssige. Nein: Ich streiche in Texten Überflüssiges. Nicht nur in meinen. Wo heute mein Redakteurinnen-Rotstift ansetzt, möchte mancher zur Knarre greifen. Aber bitte erst am Ende …. des Textes.
Die Autorin
Christina Denz ist Journalistin, Text- und Kommunikationstrainerin und Initiatorin von Polgygonar, dem Online-Angebot für Blogger und Web-Aktive.